Der Fachbereich Physik trauert um Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Klaus Dransfeld

Ein Nachruf für Prof. Klaus Dransfeld geschrieben von Prof. Emeritus Paul Leiderer

Am 26. April 2024 verstarb Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Klaus Dransfeld im Alter von 97 Jahren. Er war von 1982 bis zu seiner Emeritierung 1994 Professor für Experimentalphysik an unserem Fachbereich.

Klaus Dransfeld wurde am 12. August 1926 in Berlin geboren. Im Jahr 1947 begann er an den Universitäten Köln und Bonn das Studium der Physik, Chemie und Mathematik, das er bereits 1952 mit der Promotion über ein Thema zur Streuung von Licht an Schallwellen bei Prof. Clemens Schäfer abschloss. Nach zwei Jahren als Hochschulassistent in Köln ging er als Postdoktorand an das Clarendon Laboratorium der Universität Oxford, und zwei weitere Jahre später als Wissenschaftler zu den Bell Laboratorien in New Jersey, USA. Dort erzielte er aufsehenerregende Ergebnisse zur Erzeugung von hochfrequentem Ultraschall mit Mikrowellen, was zu einer Berufung auf eine associate professorship an die Universität von Kalifornien in Berkeley führte.

Im Jahr 1965 nahm Klaus Dransfeld einen Ruf als Ordinarius an die Technische Universität München an. Dort leistete er zusammen mit anderen Rückkehrern aus den USA wie Rudolf Mößbauer, Wolfgang Kaiser und Edgar Lüscher Pionierarbeit beim Aufbau des neugegründeten Physik-Departments. Eines der wichtigsten Arbeitsgebiete in München war die Entwicklung der akustischen Oberflächenwellen, mit denen scharf trennende akustische Filter gebaut werden können, die heute Bestandteil eines jeden Fernsehgeräts und Mobiltelefons sind. Ein zweites, ebenso wichtiges Arbeitsgebiet in München war die Untersuchung der elastischen und thermischen Eigenschaften von Gläsern bei tiefen Temperaturen.

Die nächste berufliche Station von Klaus Dransfeld war Grenoble, wo sich gerade ein deutsch-französisches Hochfeld-Magnetlabor in der Aufbauphase befand. Er wurde dessen erster deutscher Direktor, und es gelang ihm in bemerkenswert kurzer Zeit der erfolgreiche Aufbau dieses Instituts, das heute zu einem der weltweit führenden Forschungsstätten auf diesem Gebiet zählt. Nach vier Jahren kehrte Klaus Dransfeld nach Deutschland zurück, wo er von 1977 bis 1981 als Direktor am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart tätig war, und wo in seiner Gruppe u. a. neben der Natur der Elementaranregungen in Gläsern auch piezoelektrische Polymere und elektrisch leitende Kunststoffe untersucht wurden.

Trotz der hervorragenden Voraussetzungen am Max-Planck-Institut entschloss sich Klaus Dransfeld 1981 an die Hochschule zurückzukehren und einen Ruf an unsere Universität Konstanz anzunehmen. Zu seinem breiten Spektrum an Arbeitsgebieten kam hier u. a. die gerade erfundene Rastersondenmikroskopie hinzu, die Klaus Dransfeld originell und visionär weiterentwickelt hat.

Die Konstanzer Physik ist ihm auch deshalb in besonderem Maße in Dankbarkeit verbunden, weil er ein großes Gemeinschaftsprojekt aus der Taufe gehoben hat: den Sonderforschungsbereich „Prozesse der atomaren und molekularen Bewegung“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der der Start war für inzwischen vier aufeinander folgende Sonderforschungsbereiche am Fachbereich Physik.

Klaus Dransfeld war ein herausragender Forscher und akademischer Lehrer, der Generationen von Physikern und Physikerinnen durch seine wissenschaftliche Kreativität, unkonventionellen Ansätze, Großzügigkeit und Integrität inspiriert und geprägt hat. Er war auch ein warmherziger und hochgeschätzter Kollege, der sich in vielfältigster Weise für die Belange der Wissenschaft und die Förderung jüngerer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen eingesetzt hat, und der auch hochbetagt am wissenschaftlichen Leben unseres Fachbereichs teilgenommen hat. Der Fachbereich Physik und die Universität Konstanz werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Paul Leiderer